Neuer Gedenkstein im Skulpturenpark erinnert an Meeraner Textilindustrie

Der Skulpturenpark an der Poststraße in Meerane befindet sich auf traditionsreichem Gelände. Ab 1890 befand sich hier die Firma „Gebrüder Bochmann KG“, eines der großen Meeraner Textilunternehmen.
An das Unternehmen und die Geschichte der Meeraner Textilindustrie erinnert nun ein Gedenkstein, der am 16. Juli 2020 vom Meeraner Kunstverein e.V. im Beisein von Bürgermeister Professor Dr. Lothar Ungerer übergeben wurde. Gestiftet wurde dieser Gedenkstein von Mariliese Grundmann aus Weil am Rhein, Tochter des letzten Firmeninhabers Franz Alfred Bochmann, die die Entwicklung des Skulpturenparks bereits seit vielen Jahren unterstützt.

Bürgermeister Professor Dr. Ungerer dankte Mariliese Grundmann, die anlässlich der Übergabe des Gedenksteins leider nicht in Meerane sein konnte, herzlich für ihr Engagement und ihre Unterstützung. „Es ist ein schöner Anlass heute, unser Dank geht an Frau Grundmann und an Herrn Professor Dr. Zscherpel, der sich um die Umsetzung des Projektes kümmerte“, sagte er.
In seiner Ansprache nahm der Bürgermeister die Geschichte der Unternehmen Gebrüder Bochmann KG und Weberei Grundmann & Co. auf. Mit einem Sohn der Unternehmerfamilie Grundmann war Mariliese Grundmann verheiratet. Die Weberei Grundmann & Co. wurde 1905 in Markirch im Elsass gegründet und siedelte 1919 nach Meerane. Am Markt 1 waren Kontore, Lagerräume und Musterweberei, hergestellt wurden „Damenkleiderstoffe nach Elsässer Art“. Nach Ende des 2. Weltkrieges verließen jedoch beide Unternehmerfamilien Bochmann und Grundmann aufgrund von Zwangsverwaltung, Enteignung und politischer Strafjustiz die  Stadt Meerane in der damaligen sowjetischen Besatzungszone.

Professor Dr. Wolfgang Zscherpel verlas zur Einweihung ein Grußwort von Mariliese Grundmann, in dem sie über die Entwicklung des Unternehmens Bochmann berichtet und auf die große Bedeutung der Textilindustrie für die Meeraner Stadtgeschichte verweist.
In ihrem Schreiben heißt es:
„Ende des 19. Jahrhunderts kamen durch die bahnbrechenden Erfindungen und technischen Neuerungen auch auf die Textilindustrie ungeahnte Veränderungen zu. Als Beispiel darf hier die Firma Gebrüder Bochmann dienen,  die in Mülsen St. Jacob, am Fuße des Erzgebirges gelegen, ca. 300  Webstühle beschäftigte – teils im eigenen Betrieb, teils bei Lohnwebern. Bereits in der 7. Generation war die Familie in der Textilbranche tätig, erstmals 1691 erwähnt beim Übergang von bäuerlicher Tätigkeit zum Handwerker am Hauswebstuhl.
1890 entschloss sich Franz Fürchtegott Bochmann, der damalige Inhaber und Großvater der Autorin, den Firmensitz ins nahe gelegene Meerane zu verlegen, um den Betrieb voll zu mechanisieren und den Vertrieb der Erzeugnisse den neuen Möglichkeiten anzupassen. In Meerane konnte man in der Poststraße ein Fabrikgebäude erwerben und in der nahen Packhofstraße erbaute man ein Geschäftshaus für Lager, Versand und Verwaltung. Es gab noch weitere wichtige Argumente, die für die Stadt Meerane sprachen: Sie war an das damals ganz neue Telefonnetz angeschlossen und besaß einen Bahnanschluss mit Güterverlademöglichkeit. Beides erschloss für den Geschäftsbetrieb wesentliche Verbesserungen. Weiterhin gab es Färbereien und Ausrüstungsfabriken und es waren Facharbeiter ansässig.
Die Meeraner Textilindustrie genoss bald – wie so viele andere sächsische Textilstandorte – weithin großes Ansehen und die Meeraner Schottenstoffe waren in der Branche berühmt. Der Wohlstand der Stadt wurde wohl auch maßgeblich von diesen industriellen Tätigkeiten erworben. An alle diese Unternehmen soll hiermit erinnert werden, denn die Textilindustrie und die Meeraner Stadtgeschichte sind eng verbunden.“

Schon länger war es der Wunsch von Frau Grundmann, im Skulpturenpark an das Unternehmen Bochmann und an die Meeraner Textilindustrie zu erinnern, informierte Professor Dr. Zscherpel. Schließlich entschied man sich für einen Gedenkstein. Der Stein besteht aus Theumaer Schiefer, Steinmetz Florian Mehlig aus Dennheritz hat diesen gemeinsam mit Professor Dr. Zscherpel ausgesucht. Versehen ist der Stein mit einer Edelstahlplatte, welche das Familienwappen der Bochmanns zeigt. „Wir sind Frau Grundmann sehr dankbar für ihre Spenden für den Skulpturenpark“, betonte Professor Dr. Zscherpel für den Meeraner Kunstverein. Zur Einweihung des Steines waren der  Vorsitzende Dr. Hans-Gottfried Hempel sowie Erdmute Tauche und Peter Paulitschke  vom Kunstverein sowie Galerieleiterin Antje-Gesine Marsch dabei. Begrüßt wurden auch Ute Hebenstreit von der Fördergemeinschaft „Mehr Meerane“, der vor wenigen Monaten die Aufstellung des Wunderlich-Pavillons im Skulpturenpark realisiert hatte, sowie der Meeraner Erich Lorenz, der Mariliese Grundmann noch aus der gemeinsamen Schulzeit in Meerane kennt.

Übergabe des Gedenksteins Textilindustrie (v.l.n.r.): Erdmute Tauche, Cornelia Sommerfeld vom Heimatmuseum, Dr. Hans-Gottfried Hempel, Bürgermeister Professor Dr. Lothar Ungerer, Erich Lorenz, Steinmetz Florian Mehlig, Peter Paulitschke, Ute Hebenstreit, Roselind Zscherpel, Professor Dr. Wolfgang Zscherpel.

Der Skulpturenpark an der Poststraße befindet sich auf dem früheren Gelände der Firma „Gebrüder Bochmann KG“. Fotos: Stadtverwaltung Meerane

Aufstellung des Gedenksteines am 30. Juni 2020. Fotos: Zscherpel