Unterhaltsame und interessante Lesung mit Schauspielerin Anne Kasprik in der Bibliothek

Die Schauspielerin Anne Kasprik wurde am 6. Februar 2020 in der Meeraner Stadtbibliothek begrüßt, im Gepäck ihr Buch „Ich aus dem Osten“. Dass diese Lesung auf großes Interesse stieß, zeigten die zahlreichen Besucher, mit denen die sympathische Schauspielerin auch sofort ins Gespräch kam. Denn bevor sie aus ihrem Buch las, plauderte sie darüber, wie es überhaupt zu einem Buch gekommen war.
Angesprochen wurde sie vom Eulenspiegel-Verlag, sie lehnte zuerst ab, doch der Verlag blieb dran. Dann kam 2019, 30 Jahre Mauerfall. „1963 geboren hatte ich ein halbes Leben im Osten und ein halbes im Westen verbracht. Ich habe es dann auch als eine Chance genommen, einmal zurückzuschauen“, sagte sie und fügte eine Anekdote aus dem Verlagsgeschäft an. „In der Ankündigung des Verlages für die Buchmesse 2019 wurde mein Buch beworben, ganz detailliert mit Seitenzahl... Aber da war noch gar keine Zeile geschrieben!“ 

Das erste Kapitel, aus dem sie liest, widmet sie ihrem Vater, dem erfolgreichen Regisseur Hans-Joachim Kasprzik. Sie nimmt ihr Publikum mit zu den Dreharbeiten für den sechsteiligen Fernsehfilm „Sachsens Glanz und Preußens Gloria“ (1983/1984) – ihr Vater ist der Regisseur, sie spielt die Gräfin Dönhoff – und gewährt einen spannenden Blick hinter die Kulissen. Gedreht wurde unter anderem die Szene eines üppigen Hofgelages mit erlesenen Speisen und exotischen Früchten, die es in der damaligen DDR nicht so ohne weiteres gab. „Deshalb hieß es: Finger weg von den Platten“, erzählte sie und berichtete weiter, wie diese teuer eingekauften Requisiten für mehrere Drehtage haltbar gemacht wurden, aber natürlich trotzdem verdarben.
Mit dem nächsten Kapitel gab sie Einblicke in ihre Kindheit und Schulzeit und erzählte von ihren ersten Bühnenerfahrungen, die sie im Amateurtheater Teltow machte. In der 11. Klasse bewirbt sie sich für Regie an der Filmhochschule, ist sich aber noch unschlüssig, ob sie Schauspiel oder Regie studieren will. Der Aufnahmetest an der Schauspielschule, zu dem sie eingeladen wird, und die Probeaufnahmen für die Serie „Einzug ins Paradies“ laufen zeitgleich, mit einer Ausnahmegenehmigung darf sie während des Studiums weiterdrehen. Die Serie „Einzug ins Paradies“ über mehrere Familien, die in den 11. Stock eines gerade fertiggestellten Neubaublocks zogen, wurde übrigens in der DDR erst einmal auf „Eis“ gelegt, weil zu viele Fragen aufgeworfen wurden, vor deren Beantwortung sich die DDR drückte, erzählte sie und fügte hinzu, dass auch „Sachsens Glanz und Preußens Gloria“ erst einmal gestoppt wurde, weil „einige Schauspieler abhanden gekommen waren und sich die Auffassung der DDR über die historische Figur August des Starken geändert hatte.“

Mit der Wende und dem Ende der DDR wurde vieles anders. Dass ihre Karriere weiterging, verdankte Anne Kasprik nicht zuletzt ihrem offenen und sympathischen Wesen, das sie Gelegenheiten beim Schopfe packen ließ. Und sie dazu brachte, auf Menschen zuzugehen. So erinnerte sie sich unter anderem an die Bekanntschaft mit dem Regisseur Vadim Glowna, der ihr nun zu einer neuen Rolle verhalf. Trotzdem war es nicht einfach, jede Produktion musste erkämpft werden. Doch sie gab nicht auf, und der Erfolg gibt ihr Recht. Dass sie bei der letzten DEFA-Produktion mitgewirkt hat, betrachtet sie heute mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

Als dann Hollywood vor der Tür steht und sie zu einem Casting für die sechste Staffel von „Miami Vice“ einlädt, macht Anne Kasprik etwas, was sie bis heute (ein bisschen) bereut: Sie lehnt ab. Denn, so dachte sie damals, wie sollte sie, das kleine Mädchen aus Ostdeutschland, vor den großen Stars bestehen? Heute würde sie definitiv zusagen…
Am Ende führt sie eine Produktion doch in die USA. Nach einem nicht ganz gewöhnlichen Casting mit Terence Hill ist Anne Kasprik für eine Rolle im Film „Troublemaker“ gesetzt und dreht an der Seite von Terence Hill und Bud Spencer in der Wüste von New Mexico. Es sind aufregende Tage! Nicht nur wegen der Arbeit, sondern weil sie hier auch heiratet! Schmunzelnd erzählt sie, dass sie den vielleicht wichtigsten Tag im Leben nicht gemeinsam mit ihrer Familie, sondern mit nahezu einhundert mehr oder weniger Bekannten auf der anderen Seite des Atlantiks begangen hat. Aber Terence Hill als Trauzeugen zu haben, entschädigte natürlich …

Zuletzt erzählte sie noch eine Episode aus Los Angeles, im Mittelpunkt ein Abendessen mit Billy Wilder in einem der angesagtesten Lokale der Stadt. „Ich habe bis dahin nie erlebt, dass plötzlich alle Gäste verstummen und mich anstarren, wenn ich ein Restaurant betrete“, erzählte sie. Es wurde ein interessantes und lustiges Gespräch, in dessen Verlauf Anne Kasprik nicht nur Francis Ford Coppola als Tischnachbarn entdeckte, sondern auch erfuhr, dass Billy Wilder und Hildegard Knef sich bestens kannten … „Grüß mir die Hilde“, bat Billy Wilder, als sie von einem bevorstehenden Dreh mit „der Knef“ berichtete.

Adriana Bellmann, die Leiterin der Meeraner Stadtbibliothek, freute sich mit dem Publikum über einen gelungenen Abend mit der sympathischen Schauspielerin und Autorin: „Sie vergingen wie im Flug, diese neunzig Minuten, in denen Anne Kasprik spannende, interessante und überaus lustige Einblicke in ihr Leben sowohl vor, als auch hinter der Kamera gewährte. Im Anschluss signierte sie für ihre Leser ihr Buch und stand auch gern für weitere Fragen und Fotos zur Verfügung!“