Zum 100. Todestag von Friedrich Eduard Bilz

Anlässlich seines 100. Todestages am 30. Januar 2022 wollen wir an das Schaffen und Wirken des berühmten Naturheilkundlers Friedrich Eduard Bilz erinnern, der knapp 30 Jahre lang in Meerane lebte. Viele Ehrungen wurden der Persönlichkeit in Meerane schon zuteil, u.a. die Anbringung einer Gedenktafel an seinem ehemaligen Wohnhaus in der Albanstraße 18 und die Einrichtung einer Dauerausstellung in den Räumen des Heimatmuseums im Alten Rathaus.
Weiterhin kann man seinen Spuren auf Führungen mit ausgesuchten Standorten durch die Stadt, im Kräutergarten des HALT e.V. in der Gartenanlage "Zur schönen Aussicht" oder im Spa des Romantik Hotels Schwanefeld in Meerane folgen. Auch ein 1999 entstandenes Graffito in der Marienstraße erinnert an Friedrich Eduard Bilz.

Friedrich Eduard Bilz wurde am 12.06.1842 als siebtes Kind einer Gärtnerfamilie in Arnsdorf bei Penig geboren. Nach seiner Weberlehre in Lunzenau zog es Bilz 1860 nach Meerane, wo er als Webergeselle und später als selbständiger Handweber tätig war. 1868 heiratete er die Meeranerin Auguste Kreil, deren Vater, der Bürger und Webmeister Johann August Kreil, ihr als Mitgift das zukünftige Kolonialwarengeschäft der Familie in der Albanstraße 18 gab. Dort bot Bilz ab 1872 frische und gesunde Produkte an, wie selbst gerösteten Kaffee und selbst eingelegtes Sauerkraut, frische Wurst aus der Schnellräucherei, Wurstbrühe, Schweineschmalz, Flaschenbier, Schnäpse und Liköre, die bei den Meeranern sehr beliebt waren.
Im gleichen Jahr wurde er Mitbegründer des in Folge der Pockenepidemie gegründeten „Vereins für Gesundheitspflege und Naturheilkunde“ in den Mittelberganlagen. Der Verein besaß auf einer Fläche von 4 Hektar eine Anlage zur Naherholung der Allgemeinheit mit 186 Familiengärten, einem Familien- und Frauenluftbad, Rasenspielplatz, Schmuckplätzen und einer Bücherei.
In diesem Verein diskutierten die Mitglieder auch über alternative Medizin, hielten Vorträge und Kurse. Allerdings waren die medizinischen Gelehrtenschriften mit ihren Fremdwörtern, vor allem lateinischen Ausdrücken, schwer zu verstehen und zu interpretieren. Diese Tatsache und die eigenen schlechten gesundheitlichen Erfahrungen aus seiner Tätigkeit als Weber, wo er 14 Stunden täglich in geschlossenen Räumen, oft bei künstlichem Licht arbeiten musste, führten Bilz 1883 zu den ersten Ausarbeitungen zu seinem Buch „Das neue Naturheilverfahren“. Er begann damit, verständliche Anleitungen zur Krankenbehandlung und gesunden Lebensweise zu sammeln, beriet sich mit anderen Naturheilkundigen und probierte das gewonnene Wissen an sich selbst aus.

Foto Bucheinband: F.E. Bilz: Das neue Naturheilverfahren. Lehr- und Nachschlagebuch der naturgemäßen Heilweise und Gesundheitspflege. (Million-Jubiläums-Ausgabe), Leipzig 1902.

Nach fünf Jahren akribischer und autodidaktischer Zusammenführung seiner Erkenntnisse erschien das Buch „Das neue Heilverfahren und die Gesundheitspflege, ein Nachschlagebuch für Jedermann in gesunden und kranken Tagen.“ 1888 stellte Bilz sein volkstümlich gehaltenes Buch mit vielen Illustrationen auf der für ganz Sachsen ersten Naturheilkundeausstellung im Meeraner Meisterhaus der Weberinnung mit großem Erfolg vor und verkaufte es für 75 Pfennig.
Verlegt wurde das Buch zuerst in Meerane, aber aufgrund der steigenden Verkaufszahlen wurden weitere Verlagsfilialen 1898 in Leipzig, in Paris und 1900 in London eröffnet. Das Erfolgsrezept war die einfache und plastische Erklärung komplizierter Sachverhalte, die preiswerten und in jedem Haushalt zu praktizierenden Heilungsempfehlungen, die volkstümliche Sprache und das vorbildlich funktionierende Verlags- und Vertriebssystem. Insgesamt wurde das Werk ca. 3,5 Millionen Mal verkauft und in 12 Sprachen übersetzt; Zahlen, die damals nur von der Bibel übertroffen wurden.
1889 zog Bilz mit seiner Familie nach Dresden und eröffnete in den darauffolgenden Jahren ein kleines Sanatorium und Kurhäuser in Oberlößnitz, Radebeul. Das 1892 gegründete Sanatorium „Schloss Lößnitz“ wurde aufgrund der hohen Nachfrage immer weiter ausgebaut und beherbergte zeitweilig 180 Patienten. Es galt mit seinen Badezellen, Wiesen zum Barfußlaufen, Lufthütten zum Übernachten im Freien, Sonnen- und Schwimmbädern und der angebotenen Schonkost, vor allem vegetarische Gerichte und Obst- oder Traubenkuren, als eines der modernsten Naturheil-Institute Deutschlands.

1902 entwickelte Friedrich Eduard Bilz gemeinsam mit dem lippischen Kaufmann und Getränkefachmann Franz Hartmann die heute noch bekannte Bilz-Brause „Sinalco“ (sine alcohole = ohne Alkohol), ein auf sieben natürlichen Fruchtessenzen basierendes alkoholfreies Getränk. Sie gelten damit als die Schöpfer der ersten internationalen, alkoholfreien Getränkemarke europäischen Ursprungs. Weiterhin bot er in Bilz-Hygiene-Häusern Bilz'sche Heilkräuter-Tees, Bilz-Nährsalz, Nährsalz-Kakao, Nährsalz-Schokolade und Bilz‘ Malz-Kaffee an.

1905/06 begann Bilz in Oberlößnitz auf einer Fläche von 300.000 qm mit dem Bau des Bilz-Licht-Luft-Bades mit weiten Rasenflächen und Parks, mehreren Bädern, Spielwiesen, Duschen und 1000 Badekabinen sowie einer Gaststätte. 1912 ließ er zusätzlich den Einbau eines Undosa-Wellenbades vornehmen. Das Bad sollte vielen Menschen unabhängig von deren Einkommen eine gesunde Lebensweise ermöglichen. Auch heute existiert das Bilz-Bad inklusive der funktionierenden Wellenmaschine noch als beliebtes Freibad mit ca. 500 Bungalows, Häuschen und Hütten.

Am 30.01.1922 verstarb der Naturheilkundler Friedrich Eduard Bilz im 80. Lebensjahr in Oberlößnitz. F.E. Bilz wurde auf dem Friedhof Radebeul-Ost direkt neben seinem langjährigen Freund, dem Schriftsteller Karl May begraben. Kennengelernt hatten sich die beiden Männer durch Mays Ehefrau, die das Bilz’sche Sanatorium besuchte, um etwas für ihre Gesundheit zu tun. Sie trafen sich weiter regelmäßig, u.a. zu Skatabenden oder bei den alljährlichen Rosen- und Winzerfesten für die Kurgäste. Karl May widmete F.E. Bilz sogar eine Figur in einem seiner Bücher: den „ehemaligen Barbier Hermann Rost“ im Band „Weihnacht!“ von 1897; „er ist jetzt einer der angesehensten Naturärzte des Ostens und … ein Leser meiner Reiseerzählungen.“
Noch vor seinem Tode veranlasste Friedrich Eduard Bilz, dass die Worte „Die Natur war mein Leitstern, möge sie auch der Leitstern der Nachwelt sein“ auf seinem Grabstein eingraviert werden. Das aus Stein und Kreuz bestehende schlichte Grabmal steht heute unter Denkmalschutz.

Quellen: Archiv der Stadt Meerane, Heimatbuch der Stadt Meerane, https://bilz-naturheil.de/,
https://www.spiegel.de/geschichte/friedrich-eduard-bilz-der-gesundheitsguru-der-kaiserzeit-a-1242505.html

Mitglieder des Naturheilvereins beim Turnen auf dem Mittelberg um 1900 (Foto links). Bilz-Kabinett im Alten Rathaus Meerane.

Bilz-Sanatorium und Kurhäuser in Oberlößnitz, Radebeul. Fotos: Archiv der Stadt Meerane / Heimatmuseum